Hybride Trauung – wenn das Ja-Wort durch digitale Medien Distanzen überwindet

Voller Tatendrang wuselten Bräutigam und Trauzeuge durch die hell erleuchtete Kirche während der Gottesdienstraum sich zunehmend in ein Hightech-Studio verwandelte. Leinwand, Mac, iPhone und Co. wurden in Windeseile aufgestellt, denn die Zeit drängte. Die ersten Gäste wurden schon in wenigen Minuten erwartet. Auch ich kümmerte mich gemeinsam mit der Braut um die Einstellung eines iPhones, das auf den Flügel gerichtet wurde. Nachdem wir etwas experimentiert hatten, waren wir mit dem visuellen Ergebnis sehr zufrieden.

Vor einigen Wochen hatte mich das junge Paar mit dem Wunsch einer Trauung kontaktiert. In COVID-Zeiten zu heiraten, stellt große Hürden da. Neben der Limitierung der Gottesdienstteilnehmer sind die Gefahren des Reisens besonders zu beachten. Erst recht, wenn die Familie wie in diesem Fall von verschiedenen Kontinenten anreisen müssen. Im ersten Traugespräch wies ich daher auf diese schmerzhaften Grenzen hin. Da ich bereits seit mehreren Monaten hybride Gottesdienste für meine Gemeinde anbiete, schlug ich ihnen aufgrund meiner Erfahrung mit anderen Kasualien eine „hybride Trauung“ vor. Eine solche Trauung schlägt via digitaler Möglichkeiten die Brücke zwischen einer Feierlichkeit vor Ort und anderen, durch das Internet verbundenen Bereichen. Dies würde die Distanzen zwischen USA, der Schweiz und Abu Dhabi im Nu schmelzen lassen und sogar die Möglichkeit einer virtuellen Mitgestaltung für Familie und Freunde bieten. Das Brautpaar war umgehend begeistert und wir machten uns sofort an die Planung dieser besonderen Trauung.

Selbstverständlich kann eine hybride bzw. digitale Gottesdienstgestaltung nicht sämtlich ein Feiern vor Ort ersetzen. Aber in Zeiten wie diesen bietet sie die Möglichkeit einer wertvollen und tröstlichen Partizipation, die in keiner Weise zu unterschätzen ist. Auch jenseits der Pandemie sollten die Kirchen diese gottesdienstlichen Möglichkeiten weiter beschreiten. Da denke ich z.B. an Personen, die ans Krankenbett gefesselt sind, oder solche, die aufgrund ihrer physischen Mobilität eingeschränkt sind. Welch ein Segen für sie und viele andere, wenn sie digital „barrierefrei“ am Leben der anderen in solch wichtigen Momenten Anteil nehmen und sogar mit gestalten können.

Ich bin mir darüber bewusst, dass nicht jeder meiner Kolleg*innen begeistert sein wird. Mancher wird vielleicht sogar sagen, dass er oder sie dies nicht auch noch neben den zahlreichen anderen Aufgaben und erarbeiteten Kompetenzen machen kann. Dies verstehe ich gut. Aber ich träume mutig davon, dass meine eigene Landeskirche und die EKD vielleicht Wege für Kolleg*innen eröffnet, die dies als Spezialist*innen anbieten können und auf die im Bedarfsfall dann verwiesen wird. Eine Art Kompetenz- und Personalzentrum „digitale Gottesdienste und Kasualien“. Das würde Kirche in die Zukunft führen, damit sie dort ist, wo Menschen sie brauchen und begleitet an den Fest- und Trauermomenten des Gott geschenkten Lebens.

Als der Vater des Bräutigams auf der großen Leinwand im Altarraum zu sehen war und die ersten Worte der biblischen Lesung aus Abu Dhabi via Zoom erklangen, wurde mir wohlig warm ums Herz. So sollte Kirche sein. Bei den Menschen vor Ort – egal ob analog oder digital.

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