Die Extrameile gehen…

Mein Blick war vor Müdigkeit noch ganz verschwommen. Ich setzte in der Dunkelheit einen Fuß vor den anderen während meine Lehrgruppe um kurz vor fünf Uhr in einem gleichmäßigen, schweigenden Rhythmus vom dumpfen Stapfen der Dienststiefel angetrieben durch die kalte Winternacht marschierte. Um diese Uhrzeit würde ich mich normalerweise noch einmal umdrehen, mich in die wohlig warme Daunendecke wickeln und eine weitere Stunde schlafen, bevor mein Tag und kurz danach mein Dienst als Polizeiseelsorgerin beginnen würde.

Aber Jesus sagte einst in den berühmten Worten der Bergpredigt (Mt 5,41): „Geh die Extrameile mit!“ Ich seufzte beim Gedanken an einen warmen Kaffee leise und lief in der Dunkelheit stoisch weiter.

Kurze Zeit später hielt die Lehrgruppe umgeben von dunklen fränkischen Wäldern an während die angehenden Kollegen, die mit dem Finden des Weges betraut worden waren, über eine Karte gebeugt und im Schein von Taschenlampen den besten Weg zum Zielort eruierten. Sie würden in dieser Nacht viele Meilen bzw. Kilometer als Teil ihrer Ausbildung durch die Dunkelheit gehen.

Die Extrameile.

Nächtliche Alarmübungen sind ein wichtiger Bestandteil des ersten Ausbildungsjahres in der Bundespolizei. Bei einer solchen Übung müssen sie als Lehrgruppe Durchhaltevermögen, Orientierungssinn und Kameradschaft und die aufgetragenen Extrameilen gemeinsam bezwingen.

Das Wörterbuch von Pons definiert diesen Ausdruck in folgender Weise:

„Die Extrameile gehen“, Jargon (Anglizismus nach engl. „go that extra mile“): seine persönlichen Grenzen hinausschieben; mehr leisten als erwartet oder gefordert wird.

Die Polizeimeisteranwärterinnen und -anwärter müssen in ihrer Ausbildung diese „Extrameile“ im literalen, aber ebenso im übertragenen Sinn gehen. Neben dem Weg war ihnen eine Gemeinschaftsaufgabe aufgegeben worden: 2000 Liegestützen und 2000 Kniebeugen mussten ebenso absolviert werden. So wurde der Weg durch die fränkische Winternacht immer wieder von zusätzlichen sportlichen Übungen unterbrochen und so mancher Muskel noch mehr belastet. Doch meine Lehrgruppe nahm dies nicht nur tapfer hin, sondern setzte die Aufgabe motiviert durch die sonore Ansage eines ihrer Kollegen um.

Die Extrameile.

Ein biblisches Motto, das auch mich durch so manche dienstliche Herausforderung und Aufgabe trägt. Der Kontext, aus dem Jesus Seine Worte schöpfte ist kein einfacher, denn hier geht es um ein feindlich gesinntes Umfeld und Vergeltung, auf die ein Nachfolger und eine Nachfolgerin im Falle einer Auseinandersetzung verzichten sollten. Hier sagt er:

Ihr habt gehört, dass gesagt ist ( 2. Mose 21,24) : »Auge um Auge, Zahn um Zahn.« Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Bösen, sondern: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar. Und wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel. Und wenn dich jemand eine Meile nötigt , so geh mit ihm zwei. Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der etwas von dir borgen will.

Mt 5,38-41

Die Rede der Extrameile hat über christliche Gemeinschaften im angloamerikanischen Raum ihren Eingang auch in den deutschen Sprachgebrauch gefunden. Das „Neue Testament Jüdisch erklärt“ beschreibt den durchaus bedenkenswerten Hintergrund dieser Redewendung in folgender Weise:

Eine Meile, römische Soldaten hatten das Recht, Einheimische einzuziehen, damit diese ihre Ausrüstung für eine Meile trugen: Die zusätzliche Meile verdeutlicht die fehlende Gegenwehr.

Neues Testament Jüdisch erklärt, S. 26.

In der Ausbildung müssen Auszubildende diese Extrameile gehen, wenn es sich hierbei auch nicht um einen feindlichen, sondern einen selbstgewählten Kontext und damit den zu beschreitenden Ausbildungsweg zum Wunschberuf handelt.

Aber nicht nur sie gehen diese Extrameile. Auch ihre Ausbilderinnen und Ausbilder, sowie alle, die für ihren Lernweg das Notwendige bereitstellen. Das merkte ich in dieser Nacht als Seelsorgerin ebenso während das Gewicht meines Rucksacks dessen Riemen in meine Schultern drückten und ich dem langsam hereinbrechenden Tag sehnsuchtsvoll entgegenlief. Immer wieder bin ich beeindruckt von dem Engagement derer, die für die bundespolizeiliche Ausbildung sorgen. Angeführt von ihrem Lehrgruppenleiter PHK Ralf Obermaier hatte mich die Lehrgruppe nicht nur herzlich in ihrer Mitte aufgenommen, sondern mich dies miterleben und durchleben lassen. Stringenz, Teamgeist, Durchhaltevermögen. Schritt um Schritt brachten diese die Lehrgruppe zu ihrem Ziel durch die dunkle Nacht.

Die Extrameile.

Endlich lag diese und viele andere (genauer gesagt laut Fitnessuhr 21 km) hinter mir. Ich atmete durch und genoß die spektakuläre Aussicht am Staffelberg. Welch ein Segen Teil ihrer polizeilichen Ausbildung sein zu dürfen. Sie begleiten zu dürfen in dunklen Zeiten der Herausforderung und hellen Freudenmomenten.

Lieber Blogleser, liebe Blogleserin: Jesus sagt: „Denn wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.“ Als Polizeiseelsorgerin ist mein Herz voll nach einer solchen Alarmübung, mein Mund geht über und meine Finger fliegen über die Tasten meines Mac-Books während ich diesen Blog schreibe.

Ich wollte Sie an diesem wichtigen Bestandteil bundespolizeilicher Ausbildung teilhaben lassen, damit auch Sie die Extrameile gehen und für unseren Nachwuchs tun, was möglich ist. Das Gebet wäre einer dieser Möglichkeiten, die auch in der Ferne leicht möglich sind. Gegenwärtig geht mein Blick vor allem in Richtung unseres polizeilichen Nachwuchses, da ich für sie mitverantwortlich bin. Beten Sie für deren schwere Aufgaben, die sie zu meistern haben. Aber beten Sie auch für den Nachwuchs anderer Berufsgruppen – ob Kirche, Gesellschaft oder Politik. Sie alle sind unsere Zukunft und brauchen unsere verlässliche, ermutigende, manchmal mahnende, aber auch richtungsweisende Begleitung, damit sie zum Ziel ihres Wunschberufes gelangen. Aus meiner Sicht als Seelsorgerin benötigen sie vor allem Gottes ständige Präsenz, damit sie in der Dunkelheit ihres Dienstes den Weg und ihre Aufgaben meistern, um mit dem angebrochenen Tag zu noch größerer Stärke und Verantwortung zu gelangen.

Von Jahreswechseln und Segenswünschen für 2025

Das Kalenderjahr 2024 geht zu neige. Dieses Jahr scheint in einer besonderen Dichte und Intensität an mir „vorbei gerast“ zu sein. Vielleicht geht es Ihnen auch so? Politisch, gesellschaftlich und sozial war 2024 ein anstrengendes Jahr.

In vielem scheint dieses zu neige gehende Kalenderjahr von zwei Themen geprägt zu sein: von großem Schmerz und „Exnovation“.

Schmerz und Leid durch den Krieg in der Ukraine, im Heiligen Land, in Libanon und an so vielen Orten dieser Welt. Durch Terroranschläge wie in Magdeburg ebenso in unserem eigenen Land. Wann hört das Kriegen und Töten endlich auf? Wann verstehen wir Menschen, dass wir einander Brüder und Schwestern sind, da wir einen Schöpfer und Herrn der Welt haben? Die Missbrauchsstudie und die Aufdeckung von Missbrauchsfällen in meiner eigenen Kirche machen mich wütend und sprachlos. Warum fügen Menschen anderen so viel Leid zu und dann auch noch dort, wo sie sich eigentlich in Sicherheit befinden sollten?

Der Begriff „Exnovation“ beschreibt das Gegenteil von „Innovation“, also die Rücknahme von Systemen, Prozessen, Praktiken oder Technologien, die abgeschafft, aufgelöst oder zurückgenommen wurden. Ein eigentlich normaler Schritt im wiederkehrenden Zyklus von Entstehung, Etablierung und eventueller Auflösung, bevor Neues sich etablieren kann. Vieles an gewohnten politischen und gesellschaftlichen Ordnungen ist in diesem Jahr abgeschafft, aufgelöst oder zurückgenommen worden. Nun halten wir angespannt unseren Atem an, denn wir wissen nicht, wie sich die Verhältnisse in 2025 neu ausbilden werden, sei dies die neue Regierung in USA, die Neuordnung Syriens und die anstehenden Neuwahlen in Deutschland.

Was wird 25 bringen?

Die 25 ist mathematisch betrachtet eine ungerade Zahl, aber ebenso eine Quadratzahl und bildet die Summe der fünf ungeraden, einstelligen Zahlen: (1 + 3 + 5 + 7 + 9 = 25).

Die Zahl 25 steht für das chemische Element Mangan, das ein silberweißes, hartes, sehr sprödes Übergangsmetall, das Eisen ähnelt. Mangan wird in der Natur in großen Mengen abgebaut und vor allem in der Stahlindustrie verwendet.

Als Polizeiseelsorgerin geht mein neugieriger Blick juristisch auch ins Strafgesetzbuch (StGB). In §25 geht es um die „Täterschaft“:

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.
(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Besonders interessant erscheint mir ein Blick in die Heilige Schrift und die darin enthaltende Numerologie. Die Zahl 25 steht für „überquellende Gnade“ – dies ergibt sich aus der Summe von 20, die für „Erlösung“ und 5, die für „Gnade“ steht. Auch kann man 5×5 als Gnade über Gnade übersetzen. Mit dieser Zahl sind verschiedene Ereignisse in der Bibel verbunden: König Josaphat regierte 25 Jahre, während Hesekiel im 25. Jahr seiner Gefangenschaft seine Vision des Tempels erlebte. Die Bücher Judas und Philemon bestehen jeweils aus 25 Versen.

Neben diesen interessanten biblischen Aspekten der Zahl 25, sind auch die gesellschaftlichen und sozialen Konnotationen aufschlussreich. In unserer Gesellschaft spielt der 25. Jahrestag eine bedeutende Rolle. Silberne Hochzeiten, Dienstjubiläen und viele andere Ereignisse, die ein Vierteljahrhundert umspannen, werden als besondere Meilensteine gerne gefeiert.

Die katholische Kirche feiert das 27. Jubeljahr. Seit 1300 werden mit Papst Bonifatius VIII. diese hervorgehobenen Feierlichkeiten in der katholischen Kirche begannen. Biblisch betrachtet findet ein Erlass- oder Jubeljahr alle fünfzig Jahre statt (siehe Lev 25,8-55) und bezog sich ursprünglich auf sog. „Schuldsklaven“ und deren Befreiung von einer verpflichtenden Schuldarbeit. Im Mittelpunkt des katholischen Jubeljahres steht für Gläubige die Chance auf einen vollkommenen Ablass ihrer Sünden und damit einen Neuanfang. Doch dies geschieht nur unter der Voraussetzung, dass sie nach Rom pilgern, um dort die Sakramente der Buße und der Eucharistie zu empfangen und die Heilige Pforte der Apostelkirche bis zum 6. Januar 2026 zu durchschreiten. Die Stadt Rom wird in 2025 daher nicht nur über diesen Zuspruch für katholische Christinnen und Christen, sondern auch über den Zustrom von Pilgern jubeln können.

Viele kirchliche Publikationen nehmen in ihren Veröffentlichungen die jeweilige Jahreslosung in den Blick – wie z.B. das evangelische Sonntagsblatt.

Prüft aber alles und das Gute behaltet.

  1. Thess 5,21

Analog zum letzten Jahreswechsel (2023 und 2024) werde ich hingegen meine Segenswünsche zum kommenden neuen Jahr an Psalm 25 anlehnen.

Ich danke allen Leserinnen und Lesern meines Blogs, dass Sie und ihr meinen Worten und Gedanken Raum und Zeit geschenkt habt. Möge Gottes Segen euch in 2025 begleiten!

Ihre / eure Miriam Groß

Mögest du im neuen Jahr die Nähe Gottes, des Herrn über Welt und All, suchen.

Möge Er dich Seine Nähe spüren lassen – besonders dann, wenn du schwere Zeiten durchlebst.

Mögest du geborgen in Gott sein – auch im Angesicht deiner Verächter, denn Er sieht und schützt die, die Seine Gegenwart suchen.

Möge der Herr unseres Lebens dir den Weg zeigen, den du dieses Jahr beschreiten sollst, und dich Schritt um Schritt führen.

Möge die göttliche Wahrheit dir Richtschnur und Gott Dir eine Hilfe in allem sein, was du im neuen Jahr tun und erleben wirst.

So segne und behüte dich Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist in 2025.

Ein Herz für den Nachwuchs: von Blaulichtparties und Gebeten

Ein kalter Wind pfiff durch die schmale Straße. Ich rieb mir die Hände und zog die blaue Weihnachtsmütze tiefer ins Gesicht während ich in die erwartungsvoll-freudigen Gesichter meines polizeilichen Nachwuchs blickte, der auf den Einlass in der Diskothek im Herzen Bambergs geduldig wartete.

Als Polizeiseelsorgerin versuche ich so oft wie möglich an „Blaulichtparties“ präsent zu sein, um gemeinsam mit Ehrenamtlichen der Gewerkschaft der Polizei als Ansprechpartnerin verfügbar zu sein. Denn der Nachwuchs, dessen Sicherheit und ihre Anliegen liegen uns – Seelsorge und Gewerkschaft – sehr am Herzen. Hand in Hand zeigen Kirche und Gewerkschaft durch Personen vor Ort ein gemeinsames Gesicht.

Und das ist notwendig, denn die nächste Generation von Beamtinnen und Beamten ist unsere Zukunft. Ob dies Polizistinnen und Polizisten, oder Pfarrerinnen und Pfarrer sind, so sollten wir uns bewusst sein, dass diese Berufsgruppen vieles begleiten, was ein Bürger oder eine Bürgerin hoffentlich nur selten oder nie erleben muss. Beide Berufsgruppen machen diese Erfahrungen sehr früh in ihrer beruflichen Laufbahn – meine Polizeimeisteranwärterinnen und -anwärter beginnen ihre Ausbildung teilweise mit sechzehn Jahren.

Unser Nachwuchs benötigt daher unsere Begleitung und unser unablässiges Gebet. Paulus schreibt weise Worte über die Gestaltung unseres Lebens und das Gebet in seinem ersten Brief an die Gemeinde in Thessaloniki, die auch wir zu Herzen nehmen sollten:

Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlass, seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.

1. Thess 5,16

Fröhlichkeit stand an diesem Dezemberabend kurz vor dem Weihnachtsurlaub meiner Auszubildenden im Mittelpunkt derer, die dorthin gekommen waren. Inzwischen war mir vom Stehen neben der Security am Eingang der Diskothek in der zugigen Straße kalt geworden. Ich entschuldigte mich bei meinem Gewerkschafts-Kollegen und stieg die Treppe hinunter in den dunklen und warmen Gastraum, während ich in die rhythmische Musik der Feierenden eintauchte. Obwohl ich am Rande der Tanzfläche in meiner Leuchtweste stand, wurde ich in den fröhlichen Sog mit hineingetragen und lies mich einige Minuten vom Rhythmus tragen.

Seid allezeit fröhlich!, fordert Paulus auf.

Doch jenseits all des Feierns erwartet unseren Nachwuchs ein schwerer beruflicher Alltag. Das wusste ich durch meine eigene Ausbildung, aber auch durch meine Erfahrungen in der Begleitung von polizeilichen Einsatzkräften und kirchlichen Seelsorgenden. Sie sind eingestellt in ein weites berufliches und privates Spannungsfeld. Dabei dankbar zu sein, ist eine große, ja fast lebenslange Herausforderung.

Seid dankbar in allen Dingen!, fordert Paulus auf.

Tod, Trauer, Verlust, Übergriffe und Extreme prasseln auf diese zumeist jungen Menschen ein. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich meine ersten beruflichen Erfahrungen mit Sterben, Tod und Endlichkeit mit Mitte zwanzig gesammelt hatte. Prägende Momente, die sich teilweise in die Seelen der jungen Menschen einbrennen. „Die erste Leiche, den ersten Toten vergißt du nie“, hatte man mir damals in der Seelsorgeausbildung gesagt. Diese und andere Erfahrungen hinterlassen ihren unauslöschlichen Eindruck, der unseren Nachwuchs während seiner Ausbildung verändert und formt. Als Lehrende, Mentorinnen und Mentoren können wir nicht immer vor Ort sein. Daher braucht es etwas, worauf Paulus zu recht hinweist:

Betet ohne Unterlass!, fordert Paulus.

Gott hört. Er ist da. Und manchmal braucht es andere, die für einen beten, wenn man selbst keine Worte mehr findet oder sich mitten im Geschehen befindet. Kein Wunder also, dass Dekanin Kerstin Baderschneider aus Kitzingen die Synode aufgefordert hatte, den Gemeinden eine Bitte um den Nachwuchs in die Fürbittengebete aufzunehmen (siehe Artikel Sonntagsblatt). „Es liegt Kraft im gemeinsamen Gebet“, so Dekanin Baderschneider. Dem kann ich nur zustimmen! Für mich kommen dabei als Seelsorgerin der kirchliche und der polizeiliche Nachwuchs in den Blick, der so viel erleben und schon während seiner Ausbildung begleiten muss – Gebet ist neben einer guten Ausbildung das, was wir alle für sie tun können. Als die Synode diese Eingabe abgelehnt hat, war es für mich ein bitterer Moment. Aber vielleicht überlegt es sich die Synode nochmals, wenn sie im neuen Kalenderjahr sich mit der sechs Verse später stehenden Jahreslosung auseinandersetzen wird?

Prüft aber alles und das Gute behaltet. So rät es Paulus.

Zu hoffen ist es allemal, dass die Synode dies ernst nimmt und nochmals diese Eingabe als geistliches Gremium prüft.

Inzwischen war es kurz nach Mitternacht. Nachdem die letzten unter Sechzehn sich auf den Weg zurück zur Ausbildungsstätte gemacht hatten, konnte auch ich in den Feierabend gehen. Ich verabschiedete mich von meinem Kollegen und tauchte mit Leuchtweste in die dunkle Nacht ein. Nur wenige Fenster waren noch beleuchtet als ich durch die Kälte nach Hause radelte, aber eins wusste ich gewiss: Mein Engagement und unablässiges Gebet als Polizeiseelsorgerin würde meine Auszubildenden begleiten, denn das war notwendig.

… Und liebe Leserin und lieber Leser, wenn Sie etwas Zeit haben, beten Sie für unseren Nachwuchs, den polizeilichen und kirchlichen. Denn wir brauchen sie in ihrer jeweils eigenen beruflichen Kompetenz, damit Gerechtigkeit und Hoffnung in diese Welt einziehen möge.

Lesen gegen Hass 5: Auseinandersetzung mit zwei Tabuthemen

Während ich durch den Türstock unsere Wohnung betrat, fiel mein Blick auf die in Blau und Silber gehaltene Mezuzah. Ich hielt traurig inne. Durch unsere Auslandszeit in New York, USA war uns das Judentum sehr ans Herz gewachsen. Tiefe Einblicke in deren religiöses Leben und vor allem Freundschaften hatten uns verändert. Was aber damals eher als Bedrohung hier und dort am Horizont der gesellschaftlichen Geschehnisse und meiner eigenen Bemühungen um eine Aufarbeitung deutscher Geschichte aufblitzte, wird inzwischen deutlicher spürbar: Der mancherorts sich entwickelnde politische und gesellschaftliche Rechtsrutsch ist bittere Realität und Antisemitismus stellt inzwischen für viele Jüdinnen und Juden eine reale Bedrohung dar.

Wir müssen uns aufgrund dessen dringend mit zwei schmerzhaften Tabuthemen auseinandersetzen:

Zunehmende Veralltäglichung von antisemitischem und rechtem Haß und Hetze: Wir müssen uns aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen dem stellen, dass der Haß und die Hetze antisemitischen und rechtem Gedankengutes sich zunehmend in die gesellschaftliche Struktur einwebt und dadurch auf persönlicher Ebene alltäglich und damit geduldet – unter Umständen sogar willkommen geheißen – wird.

Islamischer Antisemitismus: In meinem Umfeld befinden sich nur friedfertige Musliminnen und Muslime. Dies sei ausdrücklich an dieser Stelle betont. Islamischer Antisemitismus ist die Ausnahme, nicht die Regel im Islam und leider ist dieser Haß auch in meiner eigenen Religion, dem Christentum, spürbar und wahrnehmbar. Wo auch immer dieser Haß auch auftritt, muss er bekämpft werden.

Aufgrund von Migration müssen wir uns in Europa und Deutschland der bitteren Form dieses alle Menschenwürde und -rechte verneinenden Hasses innerhalb des Islam bewusst werden und dürfen ihn weder ignorieren, noch verschweigen. Durch die Vorkommnisse der letzten Monate, die diesem Haß nicht nur ein Gesicht gegeben haben, sondern ihn als Bedrohung für unsere Gesellschaft und unsere freiheitliche Demokratie zeigt, ist ein genaues Hinsehen und Verstehen wichtig, um sprach- und artikulationsfähig zu sein. Dies ist wichtig sowohl für den pädagogischen als auch persönlichen Bereich, in dem wir uns engagieren sollten, um Menschenwürde und Grundrechte stark zu machen, damit Antisemitismus keine Chance erhält, sich in den Köpfen und Herzen auszubreiten.

In diesem Blogeintrag gehe ich bei der Vorstellung zweier Bücher nach Jesu Worten vor, die uns Christinnen und Christen anhalten, zuerst eine Eigenreflexion durchzuführen, bevor wir die Probleme anderer in den Blick nehmen. Jesus gibt uns hierfür klare Maßstäbe vor:

Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, aber den Balken im eigenen Auge nimmst du nicht wahr? Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen.

Lk 6,41-41

Nach einem Blick in die deutsche Geschichte anhand einer Familienbiografie, bietet die zweite Leseempfehlung einen Blick auf dessen Auswirkungen im Nahen Osten.

„Columbusstraße: Eine Familiengeschichte: 1935 – 1945 | Wahre Familiensaga während des Zweiten Weltkriegs“ von Tobi Dahmen, erschienen 2024 bei Carlsen Comic

Fast automatisch kam unserer Familie das Gebet über die jüngeren und älteren Lippen. „Komm, Herr Jesu, sei unser Gast; und segne, was du uns bescheret hast.“ Seit Generationen gehört das kurze, prägnante Gebet zum Repertoire christlicher Traditionen am Essenstisch. Auch in unserer Familie findet es neben anderen, wie dem „Superman Prayer“, einem schöpfungstheologischen Gebet und einem äußerst kurz gehaltenen „Eil-Gebet“ oftmals Verwendung.

Während ich die Graphic Novel „Columbusstraße“ las, staunte ich nicht schlecht, als die Familie von Tobi Dahmen eben selbiges Gebet am Essenstisch sprach. Ein unsichtbares Band war im Nu zwischen ihnen und mir geknüpft, das mich zwang über die Vergangenheit meiner Familie nachzusinnen.

Tobi Dahmen ist mit der imposanten Graphic Novel „Columbusstraße“ ein monumentales, eindrückliches Werk gelungen, das den Leser und die Leserin umgehend mit in den Bann zieht. Hierbei dient dem Autor seine eigene Familiengeschichte als Grundlage zur Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der dort geschehenen schleichenden Veralltäglichung von antisemitischem und rechten Haß und Hetze.

In dieser Graphic Novel dürfen wird seine Familie, die im wohhabenden Düsseldorf-Oberkassel wohnt, von 1935 bis 1945 begleiten und erleben mit, wie das diktatorische NS-Regime sich bis in die kleinsten Abläufe des Lebens erstreckte. Diese Durchdringung machte eine gefährliche Verbreitung und Verankerung rechten und antisemitischen Gedankengutes möglich.

Mich hat das 500 Seiten dickes Ausnahmewerk innerhalb der Graphic Novel Szene zutiefst bewegt. Und ich stelle mir immer wieder bei ganz alltäglichen Tätigkeiten wie dem genannten Tischgebet die Frage, ob sich in gewohnte Abläufe auch Zellen des Hasses und der Hetze in mir und meinem Umfeld manifestiert haben. Eine Frage, derer wir uns alle stellen müssen, damit nicht geschieht, was Millionen von unschuldigen Menschen das Leben kostete. Lassen Sie uns gemeinsam auf der Hut sein, damit die Veralltäglichung von antisemitischem und rechtem Haß und Hetze nicht bittere Realität in Deutschland, Europa und der Welt wird.

„Nazis und der Nahe Osten. Wie der islamische Antisemitismus entstand“ von Matthias Küntzel, erschienen 2019 bei Hentrich & Hentrich

Bundesverband RIAS dokumentierte im Jahr 2023 die besorgniserregende Zahl von 4.782 antisemitischen Vorfällen. Dies entspricht einer Zunahme von über 80% im Vergleich zum Vorjahr. Aus meiner Sicht ist hierbei ein direkter Zusammenhang mit dem Angriffskrieg der Hamas gegen Israel zu ziehen.

Die Ereignisse der vergangenen Wochen müssen uns nachdenklich machen und leider müssen wir uns, ob wir es wollen oder nicht, mit einem weiteren Tabuthema auseinandersetzen: dem islamischen Antisemitismus. Diesem Thema müssen wir uns stellen, um zu informieren, zu warnen und eine gelungene Prävention in Familien, Schulen und Bildungseinrichtungen umsetzen zu können.

Das Buch „Nazis und der Nahe Osten“ von Matthias Küntzel sei hierzu anempfohlen, dessen Lektüre schockierend und aufrüttelnd zugleich ist. Mir war das leider durchaus nachhaltige Wirken des tödlichen NS-Regimes im Nahen Osten in dieser Form nicht bekannt gewesen. Die Verquickung von radikalem Islam und Antisemitismus erschien mir als äußerst unlogisch – in September 2016 hatte ich in New York die Auswirkungen eines islamistischen Bombenanschlages als ehrenamtliche Seelsorgerin der NYPD mit begleitet und konnte den Haß, der durch den Täter gegen sog. „Nichtgläubige“ richtete, nicht nachvollziehen. Das Buch von Küntzel gibt mir die Möglichkeit, manches besser in seinen Zusammenhängen verstehen zu können.

Zwischen 1937 und 1945 scheute sich das NS-Regime nicht, Antisemitismus im Nahen Osten zu nähren. Nazi-Deutschland hatte bereits in den Dreißigerjahren sich judenfeindlicher Zitate aus dem Koran bedient und für die eigenen Propaganda in der arabischen Welt instrumentalisiert. Von Zeesen, einem südlich von Berlin stationierten Kurzwellensender, wurde der islamische Antisemitismus gezielt unter Muslimen verbreitet.

Matthias Küntzel beleuchtet dieses Tabuthema deutscher Geschichte und zeigt wie sich das Judenbild im Islam zwischen 1937 und 1948 unter dem Einfluss einer ausgefeilten arabischsprachigen NS-Radiopropaganda veränderte. Hierbei stellt er heraus, dass die Begegnung des Nahen Ostens mit der Nazi-Ideologie zwar kurz gewesen war, aber noch lange nachhallt.

Das Buch stellt eine wichtige Grundlage dar, um islamischen Antisemitismus verstehen zu können und ihm vorzubeugen. Pädagoginnen und Pädagogen sei es besonders ans Herz gelegt, aber auch allen, die in der Komplexität der gesellschaftlichen Entwicklungen Erklärungswege suchen. Erst wenn wir begreifen, wie stark die moderne Nahostgeschichte von diesen Nachwirkungen des Nationalsozialismus geprägt ist, werden wir den Judenhass in dieser Region und dessen Echo unter Muslimen in Europa vielleicht richtig deuten können.

Sport & Gebet – von Notfallnummern und wichtigen Mechanismen der Gesunderhaltung

Meine Lauffrequenz hatte sich nach anfänglichen Mühen eingependelt. Mit jedem Schritt, den ich auf der roten Tartanbahn vorankam, wurde ich ruhiger während das vor wenigen Minuten Gehörte sich langsam ordnete und der Nebel des Seelsorgegesprächs sich allmählich lichtete. Mein Atem folgte nun einem geordneten Rhythmus während mein Gebet zu Gott aufstieg, indem ich Ihm anvertraute, was eine Person mir erzählt hatte.

Vor einigen Wochen war ich auf einer Podiumsdiskussion von einem Gast gefragt worden, wie ich mit der Last des Erlebten, die Polizistinnen und Polizisten ertragen und durchleben müssten, als Seelsorgerin umgehen würde. Welche Mechanismen oder Möglichkeiten hätte ich, damit auch ich dienstfähig und gesund bliebe? Meine Antwort war einfach und simpel: Sport & Gebet. Nicht wenige waren überrascht.

Ich will nicht verleugnen, dass ich in den dreieinhalb Jahren Polizeiseelsorge in Bamberg eine Vielzahl von Personen begleitet habe, die aufgrund von Grenzsituationen belastet sind und daran auch zu zerbrechen drohen. Der Dienst eines Polizisten und einer Polizistin ist schwer – viele sehen Dinge, die wir Bürgerinnen und Bürger, wenn überhaupt (und Gott bewahre uns vor mehr) ein oder zwei große vehemente Erfahrungen erleben müssen. Für diese Berufsgruppe aber gehören Gewalt, Übergriffe und Verletzungen zu ihrem Alltag. Mich hat das, was ich in der Polizeiseelsorge höre und mit begleite, sehr demütig gemacht. Meine seelsorgerliche Begleitung in der Polizei, die vor über neun Jahren in New York ehrenamtlich begann und zu meiner gegenwärtigen Tätigkeit in der Bundespolizei führte, hat meinen eigenen seelsorgerlichen Horizont sehr erweitert.

Als ich das erste Mal vor meinem Büro stand, musste ich schmunzeln, denn die Zimmernummer trug die europaweite Notrufnummer 112. Ich hatte keine Ahnung, dass diese Nummer so gut zu meiner Tätigkeit im AFZ Bamberg passen würde. Wie stimmig die 112 ist, weiß ich nun einige Jahre später.

Auch in der Bibel gibt es eine Notfallnummer, die aber etwas länger ist: 5015. In Psalm 50 heißt es:

Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen.

Psalm 50,15 (LUT)

Schon bald in meinem Dienst in Bamberg versuchte ich aufgrund der bewegenden Begleitungen einen gangbaren Mechanismus für mich zu finden. Denn das, was mir anvertraut wurde, nagte manchmal schwer in mir. Nach einiger Zeit war es Sport kombiniert mit dem Gebet als einem „Notruf“, die mir halfen. Ob Tartanbahn im AFZ oder Fitnessstudio, nach einiger Zeit kommt mein Körper durch die seit langem eingeübten Bewegungen zur Ruhe und mit ihm auch Geist und Seele. An dieser Schnittfläche öffnen sich meine Gedanken und mein Herz zum Gebet, das Gott das mir Anvertraute übergibt. Denn bei vielem kann ich nur zuhören, begleiten und einfach da sein. Dies sind für mich in meiner beruflichen Identität als Seelsorgerin menschliche Grenzerfahrungen, die ich erlebe, wenn ich andere in deren Grenzsituationen begleite, die sie im Dienst erleben müssen. Durch Sport und Gebet verharre ich nicht in der Hoffnungslosigkeit, sondern lege alles Leid und allen Schmerz, der mir als Seelsorgerin anvertraut wird, in Gottes Hände. Dafür bin ich dankbar und ohne diesen Mechanismus der göttlichen Notfallnummer könnte ich meinen Dienst nicht verrichten. Der Psalm drückt die Reaktion des Menschen auf eine solche Möglichkeit etwas antiquiert als „Preisen“.

Inzwischen wurden meine Schritte langsamer und gingen in ein schnelles Gehen über, während mein Atem anfing sich zu beruhigen. Mein Körper hatte die durch das Seelsorgegespräch ausgelösten Aggressionen abgebaut. Meine Gedanken waren wieder klar und mein Herz aufgrund des Gebetes ruhig. Nach einer Dusche würde ich wieder bereit sein für die nächsten dienstlichen Herausforderungen. Ich nickte einigen Polizeimeisteranwärterinnen und -anwärtern, die gerade die Tartanbahn zum Sport betraten, aufmunternd zu und erfreute mich an ihrem herzlichen Grüßen. Ob im übertragenen Sinn 112 oder 5015 – da ist jemand, der zuhört und da ist. Entweder im Auftrag Gottes oder ganz direkt.


Bitte vergessen Sie nicht, dass Sie in schweren Situationen nie allein sind. Für viele Gläubige ist das Gebet der Ort, an dem die Last abgegeben werden kann. Aber manchmal versagt die Stimme unseres Herzens und wir brauchen eine Person, die uns zuhört und Zeit für unsere Sorgen und Nöte hat

In Oberfranken sei Ihnen die Nummer der Telefonseelsorge Oberfranken ans Herz gelegt. Alle Telefonseelsorgestellen sind über das deutsche Festnetz und per Handy gebührenfrei, vertraulich und anonym erreichbar. An 365 Tagen können Sie rund um die Uhr unter folgender Telefonnummer ein Person erreichen, die Ihnen zuhört:

0800/1110111 und 0800/1110222

Dabei können Sie sich darauf verlassen, dass alle Anrufe anonym und vertraulich sind. Ihre Rufnummer erscheint nicht auf dem Display und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterliegen so wie ich als Polizeiseelsorgerin der Schweigepflicht.

Suche nach Frieden

Sprachlosigkeit umfasste mich. Hatte ich nicht erst am Ende der Lagebesprechung meinen polizeilichen Führungskräfte für das herannahende Wochenende einen Segenswunsch zugesprochen, der den Wunsch nach Frieden zum Mittelpunkt hatte? Stattdessen durchbrachen Nachrichten und Bilder eines iranischen Angriffs auf Israel die Stille des Sonntags, für mich eines Tages der Ruhe, Einkehr und Friedens.

Es ist, also ob wir uns als Menschen auf einer ständigen Suche nach Frieden befinden. Seit den letzten Monaten und Jahren durch den Krieg in der Ukraine und im Heiligen Land umso mehr. Es fühlt sich so an, als wenn die Welt an verschiedenen Orten in Brand gesteckt worden sei. Während die Politik und die Mächtigen um Wege ringen, ist es schwer für uns einzelne. Was gegenwärtig bleibt, ist mit unserer Sprachlosigkeit vor Gott zu treten.

Vielleicht kann uns dieses Gebet in all dem Hadern, Zweifeln und Flehen ein wenig aus der Sprachlosigkeit hinaus in Gottes Nähe und Geborgenheit führen.

Von Jahreswechseln und Segenswünschen für 2024

Und wieder geht ein Jahr zu neige – 365 sehr durchwachsene Tage liegen nun fast hinter mir. Für mich ist der Altjahressabend ein Tag der Rückschau und Ausrichtung auf ein neues Jahr.

2023 hat mich kaum zur Ruhe kommen lassen. Ein paar kleine Gedanken und Wahrnehmungen möchte ich hierzu mit euch allen fern und nah teilen – hierbei geht es um ein sehr persönliche Sicht, die keinerlei Allgemeingültigkeit beansprucht:

Auseinandersetzungen in Gesellschaft und Politik sind härter und aggressiver geworden – oft mit wenig Bemühen um ein konstruktives Aufeinanderzugehen.

Stress in Arbeit und Freizeit nimmt weiter zu ohne dass wir wirklich voran kommen. Der Soziologe Hartmut Rosa benennt dies als „rasenden Stillstand“. Dem kann ich leider nur beipflichten.

Aufgrund der Kriege in der Ukraine und im Heiligen Land bin ich dünnhäutiger geworden. Ihr vielleicht ebenso? Ich sehne mich so sehr nach Frieden.

Was wird 24 bringen?

Ein Tag hat 24 Stunden. Diese Einteilung geht auf die Babylonier zurück.

Für die Pythagoreer war 24 die vollkommene Zahl, weil das griechische Alphabet 24 Buchstaben hat. der letzte Buchstabe ist Omega. Für die Pythagoreer war es unmöglich, sich vorzustellen, dass etwas in dieser Welt die 24 übertreffen könnte. Sie ist die Zahl der Totalität dieser Welt, der Harmonie des Kosmos mit der Erde und aller Sphären.

Als „doppelte Zwölf“ taucht diese Zahl sowohl im ersten als auch im zweiten Testament auf: da denke ich an die zwölf Stämme Israels und die Jünger Jesu. Die Offenbarung des Johannes erwähnt konkret 24 Älteste. Ferner besteht der Tanach als heilige Schrift des Judentums aus 24 Büchern.

Im Internet wird oftmals ein Domainname mit der Zahl 24 am Ende ergänzt, um darauf hinzuweisen, dass diese im Gegensatz zu anderen Informationsquellen oder Ladengeschäften 24 Stunden am Tag erreichbar seien.

Als internationaler Standard ist bei Filmaufnahmen und -projektionen 24 Bilder pro Sekunde festgesetzt (wobei dies seit kurzem bei manchen Anbietern abweicht).

Viele Publikationen konzentrieren sich auf die Jahreslosung der Kirchen. Auch ich finde sie inspirierend, möchte aber analog zum letzten Jahreswechsel werde ich meine Segenswünsche zum kommenden neuen Jahr 2024 an Psalm 24 in Auszügen anlehnen.

Ich danke euch, allen Leserinnen und Lesern meines kleinen Blogs, dass ihr meinen Worten und Gedanken Raum und Zeit geschenkt habt. Möge Gottes Segen euch in 2024 begleiten!

Eure Miriam Groß

Die Erde ist des HERRN und was darinnen ist,
der Erdkreis und die darauf wohnen.
Denn er hat ihn über den Meeren gegründet
und über den Wassern bereitet.

Möge Gott, der Schöpfer unseres Lebens und dieser Welt, dich im neuen Jahr schützend begleiten.
Möge Er dich mit Respekt und Ehrfurcht vor seiner Schöpfung erfüllen, damit sie auch für kommende Generationen bewahrt werde.

Wer darf auf des HERRN Berg gehen,
und wer darf stehen an seiner heiligen Stätte?

Möge Gott dich an heilige Stätten führen, die dir Kraft und Zuversicht schenken.
Möge er dich darüber hinaus über all hin begleiten, wo dich dein Lebensweg hinführen möge.

Wer unschuldige Hände hat und reinen Herzens ist, wer nicht bedacht ist auf Lüge und nicht schwört zum Trug: der wird den Segen vom HERRN empfangen und Gerechtigkeit von dem Gott seines Heiles.

Möge Gott dich ermutigen stets ehrlich in deinem Tun und Lassen zu sein. Möge der Segen des Schöpfers dich erfüllen und Gerechtigkeit wie ein Regen über die Felder deines Lebens strömen.

So segne und behüte dich Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist in 2024.

Pfarrerin Miriam Groß

Gebet für Israel

Ein Gebet ist manchmal das Einzige, was bleibt. Ich habe versucht, meinem Entsetzen Worte zu verleihen. Psalm 61 war mir dabei eine große Hilfe.

Höre, Gott,

mein Schreien

und merke auf

mein Gebet!

Es ist Krieg in Israel.

Das Heilige Land wird von unbeschreiblichem Hass und ungeahnter Brutalität erfasst.

Unschuldige Menschen werden verschleppt, gequält und getötet.

Vom Ende der Erde rufe ich zu dir,

denn mein Herz ist in Angst.

Warum fügen Menschen anderen Leid zu?

Wo bist du, Herr?

Krieg überzieht Israel mit abgrundtiefem Grauen.

Krieg und gewaltsame Auseinandersetzungen toben an vielen Orten

dieser Erde.

Ukraine

Somalia

Kongo

Jemen

Äthiopien

Syrien

Sahelzone

Haiti

und so viele mehr!

Kyrie eleison!

Höre, Gott,

mein Schreien

und merke auf

mein Gebet!

Amen.

Von Jahreswechsel und Segenswünschen für 2023

Das Jahr 2022 geht zu Ende. Wie sicherlich Millionen andere Menschen, gönne ich mir die Zeit zur Rückschau. Das fast vergangene Jahr zu würdigen ist für mich wie ein kleiner Abschluss dessen was war, und macht mich bereit für das Neue, das vielleicht kommen wird.

2022 war ein sehr durchwachsenes Jahr. Das erlebte Spektrum der zwölf Monate des fast vergangenen Jahres hat mich kaum zu Atem kommen lassen.

Faszinierende Höhen erleben und dunkle Tiefen meistern,

wunderbare Erfahrungen machen und tiefe Verletzungen überdauern,

neue Freunde gewinnen und liebe Menschen verlieren,

Glücksmomente auskosten und schmerzhafte Enttäuschungen verarbeiten,

nie geahnte Leistungen vollbringen und gesundheitliche Herausforderungen schultern,

geschenkte Liebe dankbar entgegennehmen und erlebten Haß stehen lassen…

All diese Geschenke und Herausforderungen des fast vergangenen Jahres seien in Gottes gute Hände zurück gelegt. Möge er alles zum Segen werden lassen.

Gebet am Altjahresabend
Pfarrerin Miriam Groß

Was wird 23 bringen? Über die Bedeutung der Zahl haben sich viele den Kopf zerbrochen.

23 ist ungerade und eine Primzahl.

Der Biorhythmus nach Swoboda/Fließ wiederholt sich alle 23 Tage.

Ein einfacher menschlicher Chromosomensatz besteht aus 23 Chromosomen.

Den Spekulationen möchte ich in meinem Blog keinen Raum einräumen. Doch tröstlich fündig bezüglich der neuen Jahreszahl wurde ich in der Bibel: Psalm 23 ist ein wunderschöner Glaubenstext, der von großem Vertrauen in Gott spricht. Die Worte haben viele Generationen getragen. Für mich steht dieses kommende Jahr unter dem Motto dieses Psalms. Aus eigener Erfahrung schätze ich die tiefe Weisheit der Worte, die in meinem Leben schon oft eine große Relevanz hatten.

Zum Jahreswechsel möchte ich euch angelehnt an Psalm 23 einen kleinen Segenswunsch weitergeben.

Ich danke euch, allen Leserinnen und Lesern meines kleinen Blogs, dass ihr meinen Worten und Gedanken Raum und Zeit geschenkt habt. Möge Gottes Segen euch in 2023 begleiten!

Eure Miriam Groß

Der HERR ist mein Hirte, Möge der HERR in diesem Jahr mit dir sein,

mir wird nichts mangeln. damit du nicht darben musst.

Er weidet mich auf einer grünen Aue Möge er für dich sorgen

und führet mich zum frischen Wasser. und dir alles Notwendige zukommen lassen.

Er erquicket meine Seele. Möge er deine Seele nähren.

Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Möge er dich auf rechtem Weg führen.

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, Und solltest du durch dunkle Zeiten gehen.

fürchte ich kein Unglück; wünsche ich dir, dass du furchtlos bist;

denn du bist bei mir, denn Gott wird mit dir sein,

dein Stecken und Stab trösten mich. denn er wird dich leiten und bewahren.

Du bereitest vor mir einen Tisch Er möge für dich sorgen –

im Angesicht meiner Feinde. gerade dann, wenn Menschen es schlecht mit dir meinen.

Du salbest mein Haupt mit Öl Möge dir Gutes entgegenkommen

und schenkest mir voll ein. und mögest du ab und an Überfluss an Schönem erleben.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, Dein ganzes Leben sollst du wissen, dass du gesegnet bist,

und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar. damit du dich traust, im Glauben Wurzeln zu schlagen.

Pfarrerin Miriam Groß

Anbei ein kleines Grußvideo mit Segenswunsch zum neuen Jahr: