Energisch trat ich in die Pedale meines Fahrrads. Die schwarzen Reifen summten leise über den warmen Asphalt während meine Hände die Griffe des Lenkers angespannter als sonst umklammerten. Selbstverständlich ging es nicht spurlos an mir vorbei, dass so viele aus der Kirche austraten.
Meine Füße traten noch kräftiger in die Pedale. Das Rad nahm Fahrt auf und der Wind strich mir an diesem ersten lauen Frühsommermittag zärtlich durch das Gesicht als ob er mich trösten wollte.
Ich konnte es ja verstehen. Nicht selten wurde mir unaufgefordert in meiner Tätigkeit als Polizeiseelsorgerin am Rand von Kirche entgegengebracht: „Ich halte es in der Kirche nicht aus und kann es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Die vielen Missbrauchsfälle sind abscheulich. Daher bin ich ausgetreten.“ Missbrauch, Geldverschwendung, Umgang mit LGBTQIA+ und fehlende Gleichberechtigung von Frauen sind einige vieler Gründe, Menschen zu einem Kirchenaustritt zu veranlassen. Die Kirchen stecken allesamt in einer massiven Krise (mein Blogeintrag über die Church of Scotland erzählt von einer Kirche in fundamentalen Existenznöten).
Wenn man aber ein System verläßt – aus der Kirche austritt, dann verändert man wenig. Man schmälert die finanziellen Grundlagen eines Systems und bringt es damit in monetäre Schwierigkeiten, verpaßt aber auch die Möglichkeit, das System durch ein aktives Engagement zu verändern, und verhindert das Gute, das ebenso durch diese Institution geschieht, aber oft nur wenig wahrgenommen wird.
Schon bald würde ich eine Person bei ihrem Kircheneintritt begleiten dürfen. Seit meiner Rückkehr aus USA hatte ich keinen Kircheneintritt mehr erlebt, geschweige denn diese Entscheidung gegen den gesellschaftlichen Trend mit begleiten dürfen. Ich freute mich unbändig über diesen mutigen Schritt einer visionären Person, die die notwendige Würze an Glauben und Engagement im Namen Jesu Christi in die Kirche einbringen würde. Aber was nur sollte ich als kleines symbolisches Geschenk der Verbundenheit an diesem gewichtigen Ereignis überreichen?
Während ein zuversichtlicher biblischer Gedanke langsam Form annahm, beruhigten sich meine Tritte in die Pedale.
Was es braucht, sind Menschen, die gegen den Trend wie das Salz der Erde die notwendige Würze in die Kirchen einbringen. Wie Salz der Erde zu sein war der Auftrag, den Jesus seinen Jüngern einst aufgetragen hatte. Daran sollte mein Geschenk die mir sehr wertgeschätzte Person erinnern. Da kam es mir ganz recht, dass der kleine Gewürzladen nicht unweit entfernt war.

Während ich mein Fahrrad abstellte, gab der Fahrradständer ein quietschendes Geräusch von sich als ob das Fahrrad froh wäre über die Erholung von meinen energischen Tritten. Als ich unter den hektisch hellen Gebimmel einer kleinen Glocke durch die Tür in ein kleines Reich von Gewürzen und Düften eintrat, wusste ich, was ich der Person zum Kircheneintritt schenken würde. Zielsicher steuerte ich auf ein gut gefülltes Regal von Salzen zu. Eine kleine Auswahl nebst eines besonderen Gebetes würde sicherlich eine gute Erinnerung im Alltag und Feiertag die Person an ihren Auftrag in der Kirche sein.



Ausserhalb der Kirche geht es schwieriger, denn es keine Garantie gibt, dass etwas verbessert werden kann. Innerhalbd der Kirche ist das aber moeglicher, trotz allem.
LikeLike
Wegen LGBT* aus „der“ Kirche austreten? Vielleicht kennen manche nicht die progressiven Ansätze der EKHN? Da gibt es eine eigene Fachgruppe Gendergerechtigkeit, die sich sehr für diese Zielgruppe einsetzt und z.B. die Broschüre „Zum Bilde Gottes geschaffen – Transsexualität in der Kirche“ herausgegeben hat (inzwischen in dritter Auflage und in verschiedenen Übersetzungen… – sie wurde an alle Kirchenvorstände der EKHN als Informationsbroschüre verteilt.
LikeLike
Bitte genau lesen: „Umgang mit LGBTQIA+“. Da denke ich an die römisch-katholische Kirche. Ich kenne einige, die wegen des schlechten Umgangs mit diesen Personen aus dieser Kirche austreten.
LikeLike