Wenn Fleischereien sich christlicher Symbolik bedienen…

Schnellen Schrittes bog ich mit meiner Familie im Schlepptau um die nächste Straßenecke. Immer mit dem Blick abwechselnd auf das Smartphone und die Umgebung. Der Hunger trieb uns in der unbekannten Berliner Umgebung voran, denn wir wollten möglichst schnell zum ausgewählten indischen Wunschrestaurant kommen. In meiner Vorstellung stand vor mir bereits ein leckeres indisches Curry mit butterweichem Lamm. Mir lief schon allein bei dem Gedanken das Wasser im Mund zusammen.

Als ich aufsah, blieb mein Blick erstaunt an einem Schild haften. Etwas über Augenhöhe war weiß auf rot in einem Leuchtschild ein Lamm mit einer Fahne abgebildet. Darunter prangte in großen Lettern ebenfalls in strahlendem Rot gehalten die Aufschrift „Fleischerei“. Mitten auf den beschäftigten Straßen von Berlin Friedrichshain-Kreuzberg strahlte unübersehbar bei Tag und Nacht das Agnus Dei als Werbeschrift für eine Fleischerei. Die Kombination von christlicher Symbolik und einem Fleischereifachgeschäft erschien an diesem Urlaubstag selbst für mich als Pfarrerin, die eigentlich die Passions-, Kreuzigungs- und Auferstehungsgeschichte in und auswendig kannte, wirklich drastisch und sehr massiv. Dabei wies die durchaus gewagte Kombination von christlicher Symbolik und der Tötung von Tieren auf die Schwere dessen hin, was wir Christen glaubten, dass Christus für uns vollbracht hatte: nämlich dass er als Unschuldiger unsere Schuld wie ein Lamm auf sich genommen hatte und dadurch uns den Weg zum ewigen Leben eröffnet hatte. Ob sich der fleissige Einkäufer oder die hungrige Kundin der zugrundeliegenden Symbolik des Geschäftes bewusst waren?

Die Vorstellung des „Agnus Dei“ rekurriert auf das Lamm als Opfertier im Alten Testament, besonders auf Pessach-Lämmer, deren Blut in der Nacht des Auszugs Israels aus Ägypten auf das Gebot Gottes hin als Schutzzeichen vor der Zehnten Plage an den Türpfosten gestrichen wurde (siehe Ex 12). Das sog. vierte Gottesknechtslied schöpft in seinen Worten ebenfalls aus der Symbolik des Lammes:

Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.

Jes 53,4-5

Im Neuen Testament findet die Lamm-Symbolik fast selbstverständlich eine Verwendung, wobei sie ganz auf Jesus bezogen wird und vor allem im Johannesevengelium eine besonders gewichtige Rolle spielt. So weißt Johannes der Täufer an zwei Stellen auf Christus mit diesen Worten hin:

Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!

Joh 1,29 (1,36)

Interessant ist, dass der Evangelist nicht nur die oben genannten Worte wählt, sondern auch die Kreuzigung Jesu zu der Zeit verortete, in der Passach-Lämmer geschlachtet wurden. Auch die anderen Evangelien sowie die Offenbarung des Johannes schöpfen aus der Lamm-Gottes-Symbolik.

Selbst auf das Drängen meiner hungrigen Familie hin konnte ich mich nur schwer von dem vor mir prangenden Fleischerei-Schild lösen. Wie oft habe ich Osterlämmer für die gebacken, die mir wichtig waren und dabei mehr auf die putzige Osterlammform und den richtigen, süßen Kuchengeschmack geachtet? Wie oft habe ich das Abendmahl gefeiert und dabei mit der Gemeinde innerhalb der Liturgie das „Agnus Dei“ gesungen bevor ich Brot und Wein als Leib und Blut Christi reichte ohne mir der massiven Symbolik in seiner Tiefe bewusst zu sein? Es schüttelte mich an diesem sommerlich heißen Nachmittag in Berlin durch und durch bei der Vorstellung eines Lammes, das zur Schlachtbank geführt wurde – die Fleischerei verwob die oft so harmlos scheinende Symbolik mit bitterem Ernst.

Mein Hunger nach einem indischen Lammcurry war mit einem Mal vergangen. Wie nur konnte ich all die Jahre die Tat Christi, die für Christen so essentiell ist, gedanklich verharmlosen und mich so weit von dem entfernen, was es eigentlich bedeutete? So wurde ich plötzlich wachgerüttelt. An einem heiteren, warmen Urlaubsnachmittag mitten in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg.

Liebe gewinnt immer – von Nelkenherzen und christlichen Perspektiven

Nelke an Nelke reihten sich in zarter Abfolge zu einem duftenden Herz. Ich strich vorsichtig mit meinem Daumen über die wunderschöne Struktur, die mit einem strahlendgrünen bzw. violettem Dekorationsband verziert war. Dabei stellte ich mir vor, wie die fleissigen Hände von Familie Weyermann in filigraner Handarbeit vorsichtig Reihe um Reihe die einzelnen Gewürznelken zu einem kleinen Kunstwerk aufreihten. Als ich die beiden Herzen mit einem Brief zum Valentinstag in meinem Briefkasten vorgefunden hatte, war ich tief über diese wunderschöne Willkommensgeste angerührt.

Die Symbolik, die dieses Geschenk trug, wurde durch den beiliegenden Brief unterstrichen: „Liebe gewinnt immer!“ stand darauf in zart geschwungener Schrift. Als Theologin konnte ich diesem Satz vollen Herzens zustimmen. Gewürznelken standen im Mittelalter für die Passion Jesu Christi, der unsere Sünden auf sich nahm, damit wir befreit leben und Perspektiven bis in die Ewigkeit hinein haben konnten. In der Form der Gewürznelken sah man bildhaft die Nägel symbolisiert, die bei Jesu Kreuzigung verwendet worden waren. Vielen von uns ist dieses Bild durch das Abendlied „Guten Abend, gute Nacht“ bekannt, indem von den „Näglein“ die Rede ist. Der Wohlgeruch und die antiseptische Wirkung wiesen den Nelken nicht nur eine christliche Bedeutung zu, sondern hatten und haben weiterhin einen unterstützenden Einfluss auf die Gesundheit.

Nun zieren diese beiden Herzen unsere neue Wohnung und erinnern uns an die wichtige Botschaft, dass Liebe, wie wir sie durch Christus erfahren, immer gewinnt. Und wie Nelke um Nelke sich zu kleinen, duftenden Herzen reiht, so können auch wir durch unsere Taten und Lebensführung gemeinsam einen Unterschied in dieser Welt vollbringen.


Sollten Sie Interesse an einem solch wunderschönen, duftenden Herz haben, so können Sie dieses käuflich bei Firma Weyermann erwerben. Der Erlös kommt dem Projekt „Wünschewagen“ zugute, der schwerstkranken Menschen in ihrer letzten Lebensphase einen besonderen Wunsch erfüllt. „Seit über fünf Jahren bringen engagierte Samariterinnen und Samariter mithilfe des ausschließlich aus Spenden finanzierten Projekts Menschen am Ende ihres Lebens gut umsorgt noch einmal an ihren Lieblingsort.“ (Webseite Wünschewagen)