Gelebte Solidarität in schweren Zeiten

Mitten in den Stürmen des letzten Jahres, als die Pandemie in New York hereinbrach und Menschen in gesundheitliche, finanzielle und sehr persönliche Nöte stürzte, waren es besondere Menschen nah und fern, die mir Kraft spendeten und mir halfen in meinem herausfordernden Dienst als Pfarrerin in einem Ausbruchsgebiet helfend für andere da zu sein. Eine dieser Personen war Uwe Kemmesies, Leiter der Forschungsstelle Terrorismus/Extremismus im Bundeskriminalamt. Er hatte in dieser schweren Zeit ein offenes Ohr für meine Situation und deren Belastung.

Uwe Kemmesies kennt die Herausforderungen des Lebens und betreibt in engagierter Weise Radikalisierungsforschung mit kriminologischer und konflikttheoretischer Ausrichtung. Als Koordinator des Spitzenforschungsclusters »Monitoringsystem und Transferplattform Radikalisierung« hat er ein besonders waches Auge auf die gegenwärtigen und zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklungen.

Daher ist es kaum verwunderlich, dass Herr Kemmesies die Corona-Krise zum Anlass für einen wachen und unverstellten Blick auf solidarische Entwicklungen und deren Inspiration war. In seinem neuen Buch „Solidarität in Zeiten von Corona und darüber hinaus – ein Plädoyer für Armutsbekämpfung“ (Leseprobe 1, Leseprobe 2; Besprechung) hat er einen vielschichtigen und inspirierenden Sammelband herausgegeben. Als er mich um ein Kapitel aus interreligiöser und internationaler New Yorker Sicht anfragte, war ich nicht nur Feuer und Flamme für dieses Thema, sondern über seine Anfrage sehr bewegt.

So sei Ihnen dieser Sammelband sehr ans Herz gelegt!

Kleine Einblicke gewährt die Reihe digitaler Leseveranstaltungen in dieser Woche, in der Autorinnen und Autoren persönliche Einblicke in ihre Artikel gewähren werden. Herzliche Einladung hierzu!

  1. März (19:00 – 20:30 Uhr) Materielle Armut mit:
  • Miriam Groß – Pastorin … berichtet aus New York
  • Hans Sander – Gewerkschafter … bringt sich ein als ‚Anwalt‘ der Armen
  • Antonis Schwarz – Philanthrop, Hochvermögender … beleuchtet Armut aus der Millionärsperspektive
    Moderation: Alexandra Blaumann (Friedensdorf International), Uwe Kemmesies (Herausgeber)
  • Weitere Informationen und kostenlose ANMELDUNG
  1. März (19:00 – 20:30 Uhr) Soziale Armut mit:
  • Ricarda Steinmayr – Professorin … was bedeutet Corona für Kinder und Jugendliche …
  • Ulrich Wagner – Professor im Ruhestand … was macht das Virus mit uns, mit der Gesellschaft
    Moderation: Rebecca Proba (Friedensdorf International), Uwe Kemmesies (Herausgeber)
  • Weitere Informationen und kostenlose ANMELDUNG
  1. März (19:00 – 20:30 Uhr) Kulturelle Armut mit:
  • Benedikt Eichhorn – Kabarettist (Pigor&Eichhorn) .. wir wollen nur spielen …..
  • Pamela Schobeß – Clubbetreiberin&Vorsitzende der Berliner Clubcommission …Clubkultur braucht Nähe …
    Moderation: Rebecca Proba (Friedensdorf International), Uwe Kemmesies (Herausgeber)
  • Weitere Informationen und kostenlose ANMELDUNG

Des Amerikaners liebstes Nahrungsmittel als Zeichen der Nächstenliebe

Nachdem wir unter den Anweisungen von Pam, der Leiterin der kleinen jüdischen Tafel von Kol Ami, alle Packstationen mit der gleichen Anzahl von Lebensmitteln versorgt hatten, verstummten die durch den großen Raum hallenden Unterhaltungen. Es wurde geschäftig still. Nur das Rascheln der braunen Papiertüten, die beim Auffalten leicht Ächzten und an ein leises Seufzen über die erwarteten Lebensmittel erinnerte, die nach und nach im Bauch der Tüten verschwanden, war in der großen Packhalle zu hören.

Wie jeden Donnerstagmittag seit dem Beginn der Pandemie hatte sich eine inzwischen eingeschworene Gemeinschaft an Personen eingefunden. Wie eine gut geölte Maschinerie vollzog sich das Packen von zahlreichen Essenstüten, die schon bald von einer weiteren Gruppe von Freiwilligen an undokumentierte Immigranten und diverse Einzelpersonen ausgegeben wurde. Fruchtsaft, Kartoffel-, Karotten-, Pfirsich-, Aprikosen- und Hühnerfleischdosen fanden am Boden der Tüten ihren Platz. Darauf stapelten sich eine Tüte Reis, Tortillas, Rosinen und Cracker. Und auch Peanutbutter, des Amerikaners liebstes Nahrungsmittel.

Während ich die durchsichtigen Gläser an ihren neuen Platz beförderte, tippte mich Pam mit einer Verpackung an. „Kannst du das lesen?“, fragte sie schmunzelnd. Ich sah mir den Karton näher an. Dort stand in großen Lettern weiß auf blau aufgedruckt in Deutsch „Erdnussbutter – Verschiedene Sorten“. Ich staunte nicht schlecht. Des Amerikaners liebstes Lebensmittel wurde heute als deutsches Produkt in einer New Yorker jüdischen Tafel für bedürftige Personen zum Austragen vorbereitet. Mich erfasste umgehend eine Welle der Dankbarkeit für diese Essensspenden und die Möglichkeit als Pfarrerin, deren Herkunftsland durch den Holocaust so viel Leid über andere gebracht hatte, diese Essensspenden weitergeben zu können.

Mein Dank gelte daher an dieser Stelle all denen, die in den letzten Monaten diese Arbeit durch ihre Spenden an Feeding Westchester mit unterstützt haben. Ihr seid solch ein Segen!