Hektisch tippte ich auf meinem Mobiltelefon das Wort „Kaffee“ ein. Hinter der ukrainischen Kundin hatte sich inzwischen eine ungeduldig drein blickende Schlange gebildet. Viele Personen kannten den Ablauf bei unserer Tafel sehr gut und wollten aufgrund des strahlenden Wetters zügig ihre Einkäufe erledigen, um dann die wunderschönen Sonnenstrahlen am freien Samstagnachmittag zu genießen. Als nach einer gefühlten Ewigkeit endlich aufgrund der schlechten Verbindung die ersehnte Übersetzung auf meinem Handy erschien, hielt ich sie ihr entgegen. Sie nickte kurz und sprach dann in Ukrainisch weiter. Wieder versuchten wir über das Handy zu kommunizieren. Bis dato konnte ich mich zumeist aufgrund meiner Englischkenntnisse mit den meisten Personen gut verständigen. Nun aber war ich an meine Sprachgrenzen gestoßen. Ich lächelte sie unsicher an und bot ihr eine Auswahl an verschiedenen Lebensmitteln an. Auch sie zuckte kurz mit den Schultern, nahm nickend einiges davon entgegen und verließ die Tafel mit mehreren prall gefüllten Tüten.

Auch in Bamberg wird der Ukrainekrieg nun deutlich sichtbar und für mich in meinem Engagement bei der Tafel erfahrbar. Stetig steigen die Zahlen unserer Kunden, die aufgrund der rasant steigenden Lebenshaltungskosten immer mehr auf die Einrichtung der Tafel angewiesen sind. Aber auch ukrainische Flüchtlinge erhalten hier die notwendige Unterstützung an Lebensmitteln, damit ihre Not so gut wie möglich gelindert wird. Herr Dorsch und Frau Relevant als Leiter und Leiterin der Bamberger Tafel leisten mit einem engagierten Team an Ehrenamtlichen und Sozialstundenleistenden Erstaunliches.
Seit Wochen ist für mich die Tafel ein Ort geworden, an dem ich Gott begegnen kann. Und zwar im Angesicht der bedürftigen und zu unterstützenden Personen, die Woche um Woche dort Hilfe suchen und deren finanzielle Not durch umfangreiche Lebensmittelspenden gelindert wird. Für mich ist Gott so vielgestaltig wie die Menschen, die diese Erde bereichern. Nicht umsonst heißt es im Schöpfungsbericht: „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum dem Bilde Gottes schuf er ihn.“ (Gen 1,27a) So ist für mich Samstag für Samstag die Tafel ein Ort der vielfältigen Gottesbegegnung, die ich durch die erleben darf, die am Rande unserer Gesellschaft sind.
Ich habe versucht, meine Erfahrungen in ein kleines Gedicht zu fassen, das Mt 25,31-40, eine der für mich wichtigen biblischen Textstellen mit meinen Erfahrungen verknüpft.
Gottesbegegnungen in der Tafel
Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben.
Gott kommt mir nah im müde lächelnden älteren Kunden, dessen Augen trotz der tiefen Schatten in seinem Gesicht strahlen während er sich ein Stück frische Torte an der Kuchentheke auswählen darf.
Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben.
Gott kommt mir nah im freudig jubilierenden Jugendlichen, der einen „hippen“ und sonst zu teuren Eistee mit nach Hause tragen darf.
Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.
Gott kommt mir nah in der nur gebrochen Deutsch sprechenden Kundin, die mich bittend ansieht und „Chocolata“ beim Betrachten der Gebäckstücke so zärtlich ausspricht, dass sich Schokolade wie Streicheleinheiten anhört und mein Herz dahinschmilzt.
Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet.
Gott kommt mir nah, wenn ich im kleinen Gebrauchtwarenladen der Tafel die Mutter beobachte, die Strampler genau überlegend nebeneinander legt und vorsichtig abwägt, welcher ihr schmales Budget für das sich ankündigende Kind erlauben würde.
Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht.
Gott kommt mir nah während die Leiterin davon erzählt, dass sie langjährigen Kundinnen und Kunden, die dauerhaft schwer erkrankt sind und sich aufgrund von COVID nicht mehr zur Tafel trauen, Essenspakete trotz der vielen geleisteten Stunden nach Hause liefert.
Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen.
Gott kommt mir nah in den Sozialstundenleistenden. Einige sind bereits jungen Jahren im eigenen Gefängnis und der Spirale von Kriminalität gefangen. Durch ihre Tätigkeit bei der Tafel hoffe ich, dass sie sich aus diesen Fesseln befreiten.
Denn: Was wir unseren geringsten Brüdern und Schwestern getan haben, das haben wir Jesus selbst getan.



