I stared at the old picture in awe. Six men and a women were gathered around an embroidered table and deliciously filled beer steins. In the center of the picture was a gentleman with a hat and beard, who clearly looked Jewish. He proudly glanced back at me. As my gaze wandered over the details of this special snap shot in time I spotted two police officers to the left and right. They were a natural part of this cheerful and positive happening.
Uffenheim in the 1890s or 1900s. A window into the life of my hometown before Hitlers murderous thoughts, his evil making and hating ideology took grip of Franconia and the place I grew up.
The picture you see on the bottom is from my friend Rick Landman. By G´d´s providence we met years ago in New York. Who would have ever dreamed that the friendship, which once flourished before the disaster of the Nazi-Regime, would be reinstated by two Uffenheimer finding each other amongst millions of people in one of the busiest cities of this world?
(Bild: Rick Landman)
The proud Jewish gentleman in the middle is Ricks great-grandfather Gabriel Oettinger (1862-1903). He was able to experience as Jewish people became full citizens in Germany 1871. To me he looks happy and proud – along with all the other people. I can fully understand, as I’ve experienced how enriching, enlightening and heart-warming diverse and welcoming societies can be, if they dare to. The New York experience of diversity has changed my heart and soul forever.
Nonetheless, with emancipation having blossomed in Germany within years the pendulum swung back under the Nazi regime to an even more disastrous state than ever before. My hometown Uffenheim prided itself to be „judenfrei“ before everyone else and adhering to the Nazi regime more than other places. Martin Oettinger (Ricks grandfather), who was a proud born Uffenheimer, had to flee for his life.
The old picture is a proof that a different kind of society is possible- even in Uffenheim, which has once adhered so eagerly to a murderous regime and is presently very conservative. As I am now not only carrying the weight of my ancestors doings, the guilt of my Lutheran church body, but by wearing a Police uniform as a chaplain I am responsible to embrace the complicitness of this institution during Hitler as well. I hope that the picture of friendship, joy and happiness once taken in Uffenheim will foreshadow what can be in the presence and future: By reinstating a friendship amongst those, who once shared the same table, there is hope beyond time through those embracing each other in love and commitment.
May this new picture be a hopeful beginning of what once was possible in the small Franconia town of Uffenheim.
Information about Rick Landman and his family’s story, please visit his website.
Schwer lag die kleine, schwere Glocke in meiner Hand. Ich wog sie nachdenklich hin und her, bevor ich sie zum Läuten brachte, um meine Familie an den reich gedeckten Abendessenstisch zu rufen. Wie unsere Familienglocke, so war es mir als ob die Institution Kirche in die Jahre gekommen war. Der Glanz ist weg und seit kurzem einem durchaus schmerzhaften Realismus gewichen. Seit gut eineinhalb Jahren arbeite ich nach vielen Jahren Gemeindedienst nicht mehr im Pfarramt und tauche nicht nur beruflich als Seelsorgerin bei der Bundespolizei in ein anderes Tätigkeitsfeld ein, sondern bin gemeinsam mit meiner Familie das erste Mal seit langer Zeit ein einfaches Gemeindeglied. Wochentag und Wochenende. Arbeitszeit und Freizeit. Es sind unbekannte Rhythmen, die mir neue, wertvolle Einblicke in die Realität eines Kirchenmitgliedes schenken. Ich sehne mich nach einer Gemeinschaft, die Freud und Leid, Höhen und Tiefen des Lebens mit uns teilt. Erleben darf ich sie an ganz anderer Stelle: im Bereich der Bundespolizei. Vereidigungen, Festtage, aber auch Tod und Trauer vereinen uns über Religions- und Konfesssionsgrenzen hinweg.
Kirchenmitgliedschaft ist dort alles andere als selbstverständlich. Durch meine Lehrtätigkeit als Polizeiseelsorgerin weiß ich, dass die meisten meiner Polizeimeisteranwärterinnen und -anwärter keiner verfassten Kirche angehören und sich sehr selten einer Religion zugehörig fühlen. Kirchenskepsis und starke Kirchenkritik prägen diese Generation von Auszubildenden, die zwischen 16 und Ende 30 sind. Der von Till Reiners kirchlich viel kritisierte Beitrag im Rahmen der „Heute-Show“ findet begeisterte Aufnahme. Man mag die Inhalte so viel diskutieren, wie man will- für viele ist das nur eine Bestätigung ihrer bereits geformten Meinung über Kirche und Glaube.
Ich erlebe nun in meiner Tätigkeit als Seelsorgerin die Zukunft dessen, was Kirchengemeinden erwarten wird: dass Kirche und Gläubige in der Minorität sein werden. Eher die Ausnahme als die Regel. Das sollte zumindest unsere evangelische Kirche wachrütteln. Für mich stellt sich angesichts meiner langjährigen Erfahrungen im In- und Ausland die Frage, was Kirche eigentlich ausmacht und wie sie trotz der bereits immanenten Krise sich als Botschafterin des Glaubens bewähren kann. Eine glaubwürdige Zeugin sollte sie wieder sein, die nach Innen und Außen wirkt und sich an ihre Berufung durch Jesus Christus orientiert. Von der Nabelschau auf unterschiedlichen kirchlichen Ebenen habe ich leider mehr als genug miterleben dürfen. Eine freudige Glaubensgemeinschaft wünsche ich mir, die in der Ambivalenz des Lebens nach Innen und Außen die hoffnungsvolle Zuversicht des Glaubens weiter schenkt.
Freude – wahre Freude. Keine durch Konsum evozierte, vergängliche, sondern eine Freude, die in den Höhen und Tiefen zusammenhält und trägt, weil sie aus der tiefen Quelle des Glaubens gespeist wird.
In New York und Bamberg durfte ich mehrere Schabbat-Gottesdienste besuchen. Ich war jedes Mal überwältigt von der Freude, die am Freitagabend in die gottesdienstlich versammelte Gemeinde einzog als der Schabbat wie eine geschmückte Braut freudig willkommen geheißen wurde. Nachdem wir aufstanden und sie symbolisch begrüßten, ging der Gesang in einen Jubel über, der uns alle erfasste. Ich vermisse solch eine überschwängliche, überfließende, sich anderen schenkende Freude in unseren lutherischen Gottesdiensten.
Die Theologin Angela Williams Gorrell hat ähnliche Erfahrungen rund um den Schabbat machen dürfen. Während ich offizielle Gottesdienste zum Beginn des Feiertages in New York und Bamberg mehrfach besucht habe, berichtet sie in ihrem Buch „The Gravity of Joy“ von einer anschließenden Einladung in einen Privathaushalt:
„After the worship service, we gathered in a dining hall that had been specially prepared for hours before sundown so that no work would be done during the dinner. The tables were set, the candles were lit, and the food had been cooked.
Our only job was to eat course after course and talk about life as we enjoyed the meal and conversation with one another.
About an hour into the dinner, a man stood up on a chair and started clapping and singing loudly – no instruments, just his energy and voice and hands sounding together. He invited everyone in the room to join hin.
We need other people to invite us to rejoice as much as we need other people to invite us to befriend anger and fear and open lament.
We need to be trained in crisis care, and we need to witness pain and respond meaningfully to suffering – but we need joy too. At different points in our lives, our capacity for joy is enhanced or restricted by what we are facing. People have different capacities of joy.“
Angela Williams Gorrell: The Gravity of Joy, Grand Rapids, Michigan, USA 2021, p. 174.
Es wäre doch schon mal ein gelingender Anfang, wenn wir diese Freude ausstrahlen würden, anstatt durch einen oftmals traditionellen Gottesdienst abzuschrecken, der nur noch von denen verstanden wird, die dessen Sprache gelernt haben zu sprechen. (Der kritische Leser wird anmerken, dass es durchaus moderne Formate gäbe. Dem kann ich nur zustimmen, wobei die meisten besuchbaren Gottesdienste klassisch gestaltet sind und moderne Formate die Ausnahme darstellen. Und welcher Jugendliche oder junge Erwachsene besucht schon gern um 9:30 Uhr oder 10 Uhr nach durchfeierter Nacht einen Gottesdienst?)
Ich läutete ungeduldig unsere kleine Essensglocke. Doch der Glockenklöppel verhakte sich immer wieder und gab nur einen dumpfen leisen Klopfton ab, der sicherlich nur schwer durch die Zimmertüren dringen würde. Ob es mir gelingen würde, meine eigenen Kinder für Kirche zu begeistern? Seit eineinhalb Jahren lag das nicht mehr in meiner Hand. Ich hatte über viele Jahre versucht, die Grundlagen dafür zu schaffen. Würde die Kirche als glaubhafte, zugewandte Glaubenszeugin, die Gemeinschaft stiftete und Sinn schenkte, zu ihnen durchdringen oder ihr Rufen vor deren Tür wie dumpfe Glockenschläge verklingen?
Drei wichtige konfessionelle Stationen breiteten sich auf meinem Schreibtisch aus. Vorsichtig strich ich über das handgefertigte lutherische Leinenbeffchen, die mit bunten Stickereien geschmückte Stola aus dem reformierten Schottland und den samtweichen Doktorhut des methodistischen Wesley Theological Seminary aus Washington, D.C.
Hier war vereint, was vielfach über Jahrhunderte unversöhnlich in Europa nebeneinander existierte, und in meiner Biografie zur einer Einheit zusammengewachsen war: Lutherische, reformierte und methodistische Theologie.
Frisch in der Lutherischen Kirche in Bayern ordiniert hatte ich mich auf der Grundlage der Leuenberger Konkordie, die 1973 im Schweizer Tagungshaus Leuenberg in Hölstein bei Basel zwischen den verschiedenen Konfessionen geschlossen wurde, auf den Weg in das reformierte Schottland gemacht, um dort als Pfarrerin in Orkney zu arbeiten. Da aber eine Presbyterin fürchtete, eine „katholische“ Geistliche aus Bayern könne im streng reformierten Schottland eingeschleust werden, durchlief ich neben der Pfarramtsführung ein verkürztes Vikariat nebst Examen. Was zunächst ärgerlich erschien, wurde mir zum Segen, der mir wertvolle Einblicke in eine Geschwisterkirche und deren Theologie gewährte. Bei meiner Installation in Schottland vereinte ich in meiner Person sowohl lutherische als auch reformierte Glaubensgrundlagen. Für mich eine wunderbare Bereicherung, die meine Theologie auf einen breiteren gedanklichen und spirituellen Horizont stellte.
Jahre später während meines Auslandspfarramtes in New York, USA, wurde mein Horizont noch weiter als ich am methodistischen Wesley Theological Seminary neben einer Vollzeitstelle als EKD-Auslandspfarrerin in Public Theology promovierte. Voller Faszination lernte ich die methodistische Kirche und ihr wichtiges Engagement um soziale Gerechtigkeit kennen, die in der Theologie John Wesleys begründet ist. Mit der Annahme meiner Dissertation im April 2020 vereinten sich ab diesem Zeitpunkt drei Konfessionen in meiner Biografie und meiner Tätigkeit als Pfarrerin.
Lutherisches Beffchen, Stola aus dem reformierten Schottland, Doktorhut methodistisches Wesley Theological Seminary
Meine Freude war daher groß, als ich von dem wichtigen Schritt der drei Kirchen erfuhr, die einen leichteren Übertritt zwischen evangelischen Kirchen in Bayern ermöglicht. Wichtige Schritte zu einer Einheit, die so nötig ist und von der ich weiterhin träume und nicht ablassen werde, mich dafür zu engagieren. Möge, was sich in meiner Biografie vereinen lässt, auch an anderen Stellen heilsam und den Glauben stärkend zusammenwachsen.